Weidenbauwerke

Bauen mit (getrockneten) Weiden

 

1. Grundsätzliches

 

Bauen mit getrockneten Weiden hat durchaus seine Vorteile: Die Bauwerke können, falls sie nicht zu gross sind, im Innern von Gebäuden stehen. Sie lassen sich hin- und herschieben.So können sie beispielsweise für Feste, Theater oder Schul- und Vereinsprojekte gebraucht werden. Mit einem Kleinlastwagen können sie sogar gezügelt  und so in mehreren Dörfern oder Städten Verwendung finden. Zudem ist die Entsorgung problemlos: Ein Feuer mit Bräteln bietet einen zusätzlichen Event.

Vor einem Kindergarten, Schulhaus oder Quartiertreff machen stationäre getrocknete Weidenbauten Sinn: Sie benötigen keine Baubewilligung. Hauswarte und Behörden geben für ein zeitlich befristetes Projekt eher ihren Segen. Es können ganze Weidendörfchen errichtet werden. Nach fünf bis sieben Jahren sind die Bauwerke durch Wind und Wetter mitgenommen und das Projekt kann – auch hier mit einem Fest – seinen Abschluss finden.

Idealerweise hat das Organisationsteam Erfahrung im Korbflechten. Das nötige Wissen und Können kann auch in einem Korberkurs, (siehe  Kurse von Synergia) gewonnen werden oder eine Korberin oder ein Korber wird für das Projekt beigezogen. Hier muss gesagt werden, dass Profikorber von ihrem Beruf leben wollen und daher sind sie sehr teuer. Wagt es jemand alleine, ist die Herstellung eines oder mehrerer Modelle unabdingbar.

 

Weidenhütten, 2012, cjl, Bleistiftskizze

 

2. Gewinnen der Weidenruten

 

Für ein Häuschen von 1,5 m Durchmesser und 2 m Höhe braucht es mindestens 20 Bunde getrockneter Weiden. Sie werden zwischen Oktober und März gewonnen. Ein Landwirt oder eine Gemeinde wird für die Weiden angefragt. Achtung, es müssen Weiden sein, welche auch im vorigen Winter geschnitten wurden. Die Ruten sind möglichst bodeneben abzuschneiden. Die Besitzer sind in der Regel froh, wenn auf einem Stück alle Weiden geschnitten werden und nicht nur die besonders günstigen. Für diese Arbeit braucht es erfahrungsgemäss -  soll die Aktion in einem Nachmittag abgeschlossen sein – 10 bis 20 Leute. Gleich anschliessend oder auch bei einem zweiten Event sind alle Seitentriebe der Ruten zu entfernen. Die Ruten sind dann nach Länge und Dicke zu sortieren, zusammenzubinden und an einem schattigen, zugigen Ort mehrere Monate zu trocknen. Vor dem Gebrauch müssen sie 14 Tage in Wasser eingelegt werden, hier eignet sich ein grosser Brunnen gut. Nun sind die Ruten etwa zwei Wochen gebrauchsfähig. Ist eine längere Bauzeit geplant, können die Ruten portionenweise eingeweicht werden.

 

Vorbereitung auf Hüttenbau und Korberkurs, 1998, cj

 

3. Flechten

 

An einem einzelnen Weidenhaus können gleichzeitig nicht mehr als zwei bis drei Leute arbeiten. Entweder baut man mehrere Weidenhütten, bietet die Leute an unterschiedlichen Tagen auf oder organisiert gleichzeitig mit dem Hüttenbau einen Korbflechtkurs, wo die Leute eigene Körbe flechten und dazwischen am Weidenhaus bauen. Weidenhäuser und Körbe können von Menschen zwischen acht und achtzig Jahren geflochen werden.

Auf der Grundfläche des Weidenhauses werden zuerst für die geplanten Wände alle 10 cm eine ungerade Anzahl Staken etwa 20 cm tief eingeschlagen. Dazu können Hasel- oder Weidenruten von 3 bis 4 cm Stärke verwendet werden. Achtung, die Ruten müssen vollständig getrocknet sein, da sie sonst austreiben. Soll das Weidenhaus auf geteertem Untergrund stehen oder verschoben werden können, werden die Staken in einen Kreis aus Doppellatten mit vorgebohrten Löchern eingesteckt.

Nun werden die Wände geflochten. Die einfachste Variante dabei ist das „Weben“, das heisst, man führt die Flechtrute vor der ersten, hinter der zweiten, vor der dritten Stake durch usw.  Es wird mit dem dickeren Ende einer Flechtrute begonnen und wenn sie fertig verflochten ist, die zweite mit dem dünneren Ende eingesetzt. Es kann auch in der Dreier- oder Zweiergeflechttechnik gearbeitet werden (siehe entsprechende Anleitung unter Rubrik „Korben“). Bei Türen und Fenstern umwickelt man die eine Wandstake einer Öffnung und kehrt mit der Flechtrute um und flicht in der Gegenrichtung.

Das Dach kann entweder dadurch entstehen, dass die Staken oben zusammengebunden werden und dann die Wände oben in einer Spitze zusammenlaufen oder dadurch, dass ein Korbboden geflochten und oben auf die Hütte gesetzt wird.

Ein Weidenhaus zu flechten braucht 2-3 Tage. Während eines Wochenkurses können das Weidenhaus und pro Teilnehmer 2-3 Körbe geflochten werden.

 

Techniken beim Hüttenbau, 2012, cjl

 

 

Bauen mit (lebenden) Weiden

 

1. Grundsätzliches

 

Lebende Weidenbauwerke sind eine tolle Sache. Es gibt aber einige Punkte, die vorgängig gut bedacht sein wollen und die eher gegen ein Bauwerk aus lebenden Weiden sprechen.

Wenn das Weidengebäude eine gewisse Grösse hat, benötigt es – anders als in vielen Anleitungen behauptet – eine Baubewilligung. Ebenfalls falsch ist die Behauptung, ein lebendes Weidenhaus sei schnell und einfach zu entsorgen. Ist es nämlich mehrere Jahre alt, sind die Wurzeln weit ausgedehnt. Durch das bodenebene Absägen der Staken sind die Weidenpflanzen nicht tot, sonder schlagen jedes Jahr wieder aus. Auch wenn die Ausschläge ständig mit dem Rasenmäher gekappt werden, treiben sie auch noch nach vielen Jahren immer wieder aus. Zudem müssen während des Aufbaus alljährlich die Seitentriebe verflochten und die senkrechten Triebe über dem Dach geschnitten werden. Wer macht das in fünf, zehn, zwanzig Jahren? Ich verstehe sehr gut, dass Hauswarte sauer werden, wenn ungefragt lebende Weidenhäuser gebaut werden, die zuständige Person nach einigen Jahren wegzieht und die Unterhaltsarbeiten dann an ihnen hängen bleiben.

 

 

2. Gewinnen der Weidenruten

 

Für ein Häuschen von 1,5 m Durchmesser und 2 m Höhe braucht es etwa 60 Weidenruten. Sie sind ca. 2 m lang und am unteren Ende ca.

2 cm dick. Sie werden im März gewonnen. Besonders geeignet sind s. viminalis (Hanfweide, güne Triebe) oder s. vitellina (Dotterweide, gelborange Triebe). Alle Seitentriebe der Ruten und eventuell bereits erschienene Blätter werden entfernt. Die Ruten können einige Wochen an einem schattigen Ort aufbewahrt werden, der Arbeitsbeginn kann aber auch sofort erfolgen.

 

 

3. Flechten

 

Die Weidenruten werden  – wieder eine ungerade Anzahl – in der Form des geplanten Grundrisses etwa 20 cm tief  eingesteckt. Bei trockener Witterung sind sie einige Wochen lang zu giessen. Bilden einzelne Ruten keine Blätter, sind sie zu ersetzen. Im kommenden Frühjahr werden alle Seitentriebe verflochten. Ein senkrechter Trieb pro Stake wird nicht verflochten und alle diese Triebe oben zusammengebungen. Jeden Frühling, allenfalls auch vereinzelt während des Sommers, werden ständig alle Seitentriebe verflochten und die senkrechten Triebe oben am Dach weggeschnitten. Und dies nun alle Jahre wieder. Wird diese Arbeit einige Jahre nicht gemacht, sterben die unteren, bereits verflochtenen Triebe mangels Licht ab und es entstehen ein unansehnliches, halb verdorrtes Weidenhaus und oben eine Riesenkopfweide.